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Wie Gauner mit «blockbusting» Kasse machten

Ein «Blockbuster» ist ein Film, den man einfach gesehen haben muss. Ursprünglich war «blockbusting» allerdings etwas ganz anderes, nämlich Rassendiskriminierung durch windige Makler.

Das Urteil des Supreme Court, des höchsten Gerichts der Vereinigten Staaten, war ein Paukenschlag. 1915 hatte der Afroamerikaner William Warley dem weissen Hausbesitzer Charles H. Buchanan ein Kaufangebot für dessen Haus in Louisville, Kentucky, unterbreitet, das diesen durchaus zufriedenstellte. Allein, das Geld blieb aus, und Verkäufer Buchanan zog vor Gericht. Mit der Rechtfertigung, eine städtische Verordnung verbiete ihm als Dunkelhäutigem den Hauskauf in einem mehrheitlich von Weissen bewohnten Viertel, setzte sich Warley zur Wehr – worauf Buchanan prompt die Stadt einklagte. Das Kaufverbot für Schwarze, so befanden zwei Jahre später die obersten Richter in Washington DC, verletze die verfassungsrechtlich garantierte Vertragsfreiheit und sei daher für ungültig zu erklären.

Was auf den ersten Blick wie ein Sieg im Kampf gegen die Rassentrennung aussah, sollte sich als wahre Goldgrube für halbseidene Immobilienmakler erweisen – als erstes in der West Side und South Side von Chicago, danach in Bedford-Stuyvesant, Brooklyn, New York und an der West Oak Lane im Nordwesten von Philadelphia, am Ende in den gesamten USA. Der Trick nannte sich blockbusting: Weil sich ab sofort jedermann, egal welcher Hautfarbe, überall, egal an welcher Lage, ein Haus kaufen durfte, boten die Händler ein Haus, das in einem Weissenviertel lag, einer ersten schwarzen Familie an, die genug Geld angespart hatte, um den übervölkerten Ghettos oder der auf dem Lande herrschenden Arbeitslosigkeit zu entkommen.

Daraufhin heuerte der Makler dunkelhäutige agents provocateurs an – Frauen schoben im Auftrag Kinderwagen durchs Viertel; Jugendliche inszenierten Schlägereien, um die Bewohner zu verunsichern. Die Händler selbst begannen damit, in der Nachbarschaft briefliche Kaufangebote zu verteilen und streuten das Gerücht, viele weitere farbige Familien stünden unmittelbar davor, herzuziehen. In Gegenden, in denen sich Rassenvorurteile hartnäckig hielten, gerieten weisse Hausbesitzer allmählich in Panik und begannen, ihre Liegenschaften weit unter Preis zu verkaufen. Die Makler rieben sich die Hände, erstanden die Häuser zum Spottpreis und verkauften sie am Ende tatsächlich an afroamerikanische Familien, allerdings mit einem geradezu unverschämten Aufschlag. 1962 gab es allein in Chicago über 100 Immobilienfirmen, die auf diese Weise über Jahre hinweg pro Woche zwei bis drei ganze Blocks umpflügten.

Am 11. April 1968 allerdings, genau eine Woche nach der Ermordung Martin Luther Kings durch den mehrfach vorbestraften Rassisten James Earl Ray in Memphis, war Schluss: Der sogenannte «Fair Housing Act» schob dem blockbusting einen Riegel. Noch während der Massenproteste im Gefolge des tödlichen Schusses unterschrieb Präsident Lyndon B. Johnson das Gesetz, das jede Rassendiskriminierung beim Hauskauf sowie jede Praxis verbot, die auf eine Manipulation oder Einschüchterung hinauslief.

Ganz verschwunden sind die Betrügereien allerdings bis heute nicht: Nach wie vor ist es erlaubt, auch ohne jede Verkaufsabsicht Schilder mit der Aufschrift for sale aufzustellen, um so einen Wertverlust der Liegenschaften in diesem Viertel vorzutäuschen. Es handle sich hier, so urteilten die obersten Richter 1977, nicht um blockbusting, sondern vielmehr um einen Ausdruck freier Meinungsäusserung.