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Importware namens Franken und Rappen

Die Landeswährung ist Schweizer Urgestein? Falsch. Sie ist Ausländerin.

Der Franken kommt, wie sein Name sagt, aus dem mittelalterlichen Frankreich. 1360 wurden die ersten Münzen geprägt mit der Aufschrift Johannes Dei Gratias Francorum Rex, zu Deutsch «Johann, König der Franken von Gottes Gnaden». Im Volksmund hiess die Münze bald kurz und bündig Franken. Und der erwies sich im Lauf der Jahrhunderte als wahrer Exportschlager: Den Franc kennen gegen 20 afrikanische Länder, dazu die Komoren, Französisch-Polynesien, Neukaledonien – und auch das Saarland, zumindest bis zum Anschluss an die Bundesrepublik Deutschland am 1. Januar 1957.

Auch der Rappen hat schon einige Jahre auf dem Buckel. Den sogenannten Rappenpfennig, eine Kleinmünze aus Freiburg im Breisgau, gibt es bereits seit dem 13. Jahrhundert. Er war mit einem Adlerkopf versehen, den das Volk schon bald als Raben, oder eben als Rappen, verspottete. Mit dem sogenannten Rappenmünzbund vom 14. September 1387 wollten Fürsten und Städte den Handel erleichtern und ein einheitliches Münzsystem schaffen. So hielt der Rappen Einzug in Basel, Schaffhausen, Zofingen, Zürich, Bern, Solothurn und Neuenburg. Jahrhundertelang hielten die Kantone am Rappen fest, und als 1848 der Franken zur eidgenössischen Einheitswährung wurde, blieb man dabei, wenn auch nur beim Rappen als Hundertstel, als Centime oder Centesimo, wie er in der Romandie und im Tessin genannt wird. In Ehren gehalten wird er dennoch, denn wie heisst es so schön: «Wer den Rappen nicht ehrt, ist des Frankens nicht wert.»

Dieser Rappen war bei der Entstehung des Bundesstaates wesentlich mehr als nur der Bruchteil eines Frankens – er war vielmehr Ausdruck der Modernität. In der napoleonischen Grossmacht Frankreich galt seit 1795 das metrische System. In der Schweiz dagegen, wo man – von Stadt zu Stadt und von Kanton zu Kanton – die Preise in die jeweils örtlichen Batzen, Pfund, Plappart, Kronen, Kreuzer, Groschen und Heller umrechnete, war das neue Dezimalsystem eine Revolution. Ab 1799 sollte mit dem Schweizer Franken erstmals eine einheitliche Währung geschaffen werden. Weil eine Frankenmünze 6,6 Gramm Feinsilber enthalten sollte, um denselben Wert zu haben wie 10 Batzen oder 100 Rappen, wurde das Edelmetall allmählich knapp, so dass das Vorhaben zum Scheitern verurteilt war. Erst die Gründung des Bundesstaates 1848 und die Übernahme des Münzregals durch den Bund machten die heutige Einheitswährung möglich.

Der Franken aus Frankreich, der Rappen aus Süddeutschland – die Schweizer Währung ist eine Ausländerin. Doch bis 1848 hatte sie einen alteingesessenen, einheimischen Nachbarn, den Batzen. Von der Innerschweiz bis ins Wallis, von Basel bis Neuenburg, dazu in den durch eine Währungsunion verbundenen Orten Bern, Solothurn und Freiburg – der alte Batzen war weit verbreitet und hatte als Zehntel des napoleonischen Frankens selbst die Wirren der Helvetik überstanden. Der junge Bundesstaat schaffte den Batzen zwar offiziell ab, doch als landläufige Bezeichnung für ein Zehnrappenstück oder allgemein für eine kleine Münze bleibt der Batzen dem Volksmund bis heute erhalten.