Überhitzung führt zu schmerzhaften Blasen, die zum Platzen neigen. Das gilt für die Haut, und es gilt für die Wirtschaft. Aber: Nicht jede Blase muss am Ende schlecht sein.
Die Tulpe ist ein exotisches Gewächs. Ihr Name kommt vom türkischen Wort tülbend, das vom persischen Wort für «Turban» abstammt. In der Türkei wird die Tulpe seit dem 15. Jahrhundert gezüchtet; in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, zierte sie die Gärten des Sultans. Im Gepäck eines Diplomaten am Hof von Süleyman I gelangte die Tulpenzwiebel Mitte des 16. Jahrhunderts erst nach Flandern, dann nach ganz Mitteleuropa. Überall sorgte die bis dahin unbekannte Pflanze für Begeisterung: Die Turbanblüte galt als Inbegriff von Exotik und Exklusivität. Tulpen im eigenen Garten signalisierten humanistische Bildung, gesellschaftlichen Rang – und ein nicht unbeträchtliches Vermögen.
Denn Tulpenzwiebeln waren teuer. Vergleichsweise günstige Tulpen kosteten 1611 in den Niederlanden 20 Gulden – in einer Zeit, in der ein Arbeiter pro Jahr durchschnittlich 150 Gulden verdiente und ein einfaches Häuschen 300 Gulden kostete. Aber es ging auch viel teurer: Im Jahr 1623 war eine einzelne Zwiebel der exklusivsten Sorte «Semper Augustus» 1000 Gulden wert, zehn Jahre später bereits 5500 Gulden. 1637 schliesslich wurden für drei Zwiebeln 30 000 Gulden geboten, dem Preis gleich dreier Luxushäuser an einer Amsterdamer Gracht. Längst hatten sich nicht mehr nur die Hautevolee, sondern auch einfache Bürger bis über die Ohren verschuldet, um von den unaufhaltsam steigenden Preisen zu profitieren. Doch am 5. Februar 1637 platzte die Spekulationsblase. Bei einer Auktion in Haarlem liess sich keine einzige der angebotenen Tulpen zum erwarteten Preis verkaufen, und binnen weniger Tage brachen die Preise landesweit ein – je nach Interpretation um zwischen 40 und 99 Prozent. Als «Tulpenmanie» ging diese erste gut dokumentierte Spekulationsblase in die Wirtschaftsgeschichte ein.
Die Bildung von Blasen sind keine Seltenheit. Sie bilden sich immer dann, wenn unhaltbare Erwartungen zu übertriebenen Preisen führen. Wie die Rückkopplung zwischen Mikrofon und Lautsprecher schaukeln sich Enthusiasmus und Preise hoch, so dass Blasen ganze Sektoren aufblähen können. Und wenn sie am Ende platzen und die Preise schockartig senken, vernichten sie immense Werte. Weil sich in den letzten 50 Jahren die Bildung von Blasen stark verändert hat (Investitionen in erwartetes Wachstum werden zunehmend mit Krediten, also auf Pump finanziert), kann ein Platzen Folgekrisen auslösen – Kredit- und Finanzkrisen, im schlimmsten Fall gar Rezessionen. Blasen gelten daher als volkswirtschaftliche Pestbeulen.
Doch die Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Ohne Zuversicht und den Glauben an eine blühende Zukunft lassen sich unternehmerische Grossprojekte nicht realisieren. Das Aufblähen einer Blase stellt – wie im Fall der Eisenbahn-Blasen im 19. Jahrhundert oder der Dotcom-Blase Ende der 1990er-Jahre – enorme Mengen an Kapital bereit, die zur Finanzierung neuartiger Infrastrukturen nötig sind. Ohne diese Blasen wäre ein Auf- und Ausbau von Schienen- oder Datennetzen nicht (oder nicht im erforderlichen Tempo) zu schaffen gewesen. Viele technologische Revolutionen wären ohne Blasen im Sand verlaufen. Selbst wenn das keinen geprellten Anleger zu trösten vermag: Blasen können auch Motoren sein – der Innovation von heute und der Produktivität von morgen.