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Gemälde, die Millionen wert sind. Oder eben nicht

Gutbetuchte sammeln Kunst – aus Liebhaberei und als Wertanlage. Das ruft Fälscher auf den Plan. Doch anders als beim Geld wird die Sache bei Gemälden kompliziert.

Wer kein Geld mehr auf dem Konto, aber immer noch einen Rubens an der Wand hängen hat, ist kein wirklich armer Mensch. Zwar erfüllt das Ölgemälde, im Gegensatz zu barem Geld, seinen Zweck als Wertmassstab nicht und als Zahlungsmittel nur dann, wenn man es beim Bäcker gegen einen Laib Brot eintauscht (wor­über sich der Bäcker vermutlich freuen würde), aber ein Wertaufbewahrungsmittel ist es ohne Zweifel, wie die Auktionen in renommierten Häusern wie Sotheby’s oder Christie’s zeigen.

Seit jeher sammeln Gutbetuchte Kunst – meist aus Liebhaberei, gelegentlich zwecks Spekulation und stets als Wertanlage. Diesen Umstand setzte Andy Warhol 1962 plakativ ins Bild, als er einen leicht zerknitterten Dollarschein in Übergrösse darstellte. Was er denn malen könnte, um sich in der New Yorker Szene einen Namen zu machen, hatte er seine Freunde gefragt. «Eine Freundin stellte darauf die richtige Frage», erzählte er später: «‹Was liebst du am meisten?› – So habe ich angefangen, Geldscheine zu malen.»

Aber nicht jedes Gemälde ist echt. Oft ist der alte Meister keiner – die Farbe stammt aus der Dose und hat im Backofen gealtert. Ein klarer Fall von Fälschung. Nicht immer ist es allerdings so einfach wie bei echten und falschen Banknoten. Denn nicht jede Fälschung ist auch wirklich eine.

Die National Gallery in London ist eines der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Ihr erster Holbein – Ein Mann mit einem Schädel – wurde nur Wochen nach dem Ankauf 1845 als Fälschung entlarvt. Eine dendrochronologische Analyse des Holzrahmens ergab 1993 jedoch, dass das Gemälde zwar erst nach Holbeins Tod gemalt wurde, aber nur um wenige Jahre, und zwar vom Belgier Michiel Coxcie. Also keine Fälschung, sondern ein simpler Fehler der Sachverständigen.

Oder das Gemälde Il Tramonto des italienischen Renaissancemalers Giorgione. Die Figur des heiligen Georg im Landschaftshintergrund wollte einfach nicht so recht passen. Doch wieder war es keine Fälschung – Röntgenaufnahmen zeigten nämlich: Das stark beschädigte Giorgione-Original war in den 30er-Jahren restauriert worden. Ein Loch wurde mit altem Leinen gestopft – und kurzerhand mit einem dekorativen Drachentöter übermalt.

Die Wissenschaft – chemische Analysen, Elektronenmikro­skopie, Röntgen, Dendrochronologie und C14-Methode – macht Kunstfälschern heute das Leben schwer. Nur ist es oft zu spät: Botticellis Madonna mit dem Schleier, 1930 entdeckt, galt als Sensation. Heute ist klar: Die Madonna ist nicht von gestern. Der vermeintliche Holzwurmbefall erwies sich als säuberlich von Hand gebohrt.

Andy Warhols Geldschein dagegen war echt. Trotz seines gemalten Nominalwerts von einem Dollar erzielte das 1,8 Meter breite Gemälde mit dem Namen One Dollar Bill (Silver Certificate) am 1. Juli 2015 bei Sotheby’s in London einen Auktionspreis von 32,8 Millionen Dollar.