In alten Zeiten mussten zahlungsunfähige Geldwechsler neben ihrem Ruf auch um ihren Arbeitstisch bangen.
Ein Menetekel, so erklärt der Duden, ist das Anzeichen eines drohenden Unheils. Das ist eine ziemliche Untertreibung: Als der babylonische Kronprinz Belsazar im 6. Jahrhundert v. Chr. die so lautende Flammenschrift an der Wand seines Festsaals sah, war er am nächsten Tag tot.
Das Menetekel lautet heute ‹Bankrott›, und es kündet weniger vom Tod des Chefs als vielmehr des Unternehmens. Das Wort ‹Bankrott› kommt von Bank, allerdings nicht von jener, auf die wir uns zu setzen pflegen. Die bank war in althochdeutschen Zeiten der Tisch des Geldwechslers. Auf diesem ursprünglich im Freien aufgestellten Tisch stapelte der Geldhändler seine Münzen, und auf ihm stellte er auch seine Banknoten aus, Noten, die ursprünglich noch nicht Geldscheine waren, sondern vielmehr Quittungen.
Doch schon damals war das Handeln mit Geld nicht ganz ohne Risiko. Ging einem Bankier das Geld aus, griff man etwa in Italien zu drastischen Mitteln: Als sichtbares Zeichen der Zahlungsunfähigkeit eines Geldhändlers wurde sein Wechseltisch, seine Bank, kurz und klein geschlagen. Damit war die banca rotta (vom italienischen Verb rompere, ‹zerbrechen›, ‹zerschlagen›) – und der Händler bankrott.
Auch Belsazars Flammenschrift hat mehr mit Geld zu tun, als gemeinhin bekannt ist: Mene mene tekel upharsin, wovon unser heutiges Wort ‹Menetekel› abstammt, heisst im Deutsch der Lutherbibel von 1534 «gezählt, gewogen, geteilt». Belsazars Palastdiener und Traumdeuter Daniel deutet die rätselhaften Worte als «Die Tage deiner Herrschaft sind gezählt, du bist gewogen und für zu leicht befunden, und dein Reich wird unter den Medern und den Persern aufgeteilt werden». Tatsächlich aber, so haben Sprachforscher herausgefunden, ist Daniels Deutung eine freie Übersetzung aus dem Akkadischen, einer heute ausgestorbenen semitischen Sprache, die bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. in Mesopotamien und im heutigen Syrien gesprochen wurde. Mene mene tekel besteht, nüchtern betrachtet, aus alten umgangssprachlichen Wörtern für Werteinheiten, darunter die hebräischen Währungen Mine und Schekel.