Blechmünzen erinnern an die abenteuerlichen Anfänge unseres Geldsystems.
1957 wurde in Vaduz ein Schatz entdeckt, der von seinem Besitzer ums Jahr 1370 versteckt worden sein muss: drei Goldmünzen aus Mailand, Venedig und der Pfalz, drei Kreuzer aus dem Tirol und 37 Blechmünzen aus St. Gallen und dem Bodenseegebiet, sogenannte ‹Brakteaten›. So unscheinbar diese Brakteaten sind: Sie werfen ein Schlaglicht auf die Entstehung unseres heutigen Geldsystems.
Jahrhundertelang war der Handel Europas von den Münzen der Römer geprägt. Deren Herstellung war aufwendig: Als Erstes gravierte ein Münzgraveur die Vorderseite der späteren Münze als Negativ in eine noch ungehärtete Eisenplatte, den sogenannten Unterstempel. Danach schnitt er den Münzstempel – eine Art Meissel, in dessen Ende (wiederum in Negativform) das Motiv der Münzrückseite eingraviert war. Beide, Platte und Stempel, wurden anschliessend im Feuer gehärtet. Danach liess man den Unterstempel in einen Amboss oder Holzblock ein, ein passend zurechtgestanzter Münzrohling aus Gold, Silber oder Kupfer wurde in die Vertiefung eingelegt, der Oberstempel passgenau aufgesetzt. Mit einem kräftigen Hammerschlag prägte der Graveur dann die Formen der Vorderund Rückseite ein – Ornamente, Inschriften, Porträts in Form von Vertiefungen der Stempel erschienen auf der frisch geschlagenen Münze nun als Positiv.
Diese Art der Münzherstellung war Hightech, und sie war teuer. Mit dem Zusammenbruch des römischen Imperiums fehlten auf einmal die Münzprofis, und zu allem Überfluss erforderte der aufblühende Handel immer mehr Zahlungsmittel. Also begann man in Skandinavien und Deutschland die Münzprägung zu vereinfachen. Hergestellt wurde nur noch ein Oberstempel. Der Rohling, ein kleines Stück Gold- oder Silberblech, wurde auf eine Bleiplatte gelegt und geschlagen. Diese Münzen waren zwar dünn und oft formlos, aber wesentlich rascher und vor allem billiger herzustellen. Das Neugeld war hohl: Das Münzbild der Vorderseite erschien auf der Rückseite als Hohlform, weshalb man die Brakteaten auch als Hohlpfennige bezeichnet. Die Brakteaten waren ein wirtschaftlicher Erfolg: Von Dänemark und Deutschland breiteten sie sich bis in die Nordschweiz und nach Liechtenstein aus, und noch bis ins 14. Jahrhundert wurden niedrige Münzwerte als Brakteaten geprägt.
Münzen waren im Frühmittelalter nicht nur Zahlungsmittel, sondern auch Wertanlage. Als Tresor diente oft das Erdreich im oder vor dem Haus; in Beuteln, Töpfen oder Kassetten wurde das Geld vergraben. Ging es vergessen, weil sein Besitzer unerwartet starb, blieb der Schatz erhalten – nicht selten bis in unsere Zeit. Und so bringen Bauarbeiten – wie 1957 in Vaduz – noch heute Zeugnisse des Handels längst vergangener Zeiten an den Tag.