Franken und Euro sind Alltag, und selbst Mark und Schilling sind uns vertraut, obwohl es sie längst nicht mehr gibt. Die zukunftsträchtigste aller Währungen aber kennen wir kaum: die ‹Blockchain›.
Die ‹Blockchain› (auf Deutsch ‹Blockkette›) ist das Herzstück der Kryptowährung namens Bitcoin. Sie ist eine Datenbank, in der Transaktionen – Betrag X von Konto A auf Konto B – aufgelistet werden. Diese Datenbank wird laufend aktualisiert; neue Überweisungen werden in einer immer länger werdenden Kette von Datenblöcken gespeichert. Die einzelnen Datensätze sind codiert, doch im Gegensatz zu anderen Anwendungen der Kryptologie hat dieser Code nicht das Ziel, einen Sachverhalt zu verschleiern, sondern – ganz im Gegenteil – zu klären, ein für alle Mal, lückenlos und unabänderlich. Und was die ‹Blockchain› festschreibt, sind nicht militärische Geheimnisse, sondern vielmehr Eigentumsverhältnisse in jeder denkbaren Form. Die ‹Blockchain› von Bitcoin ist damit nichts anderes als ein fortlaufendes öffentliches Kassenbuch, in das ein jeder Einsicht hat und in dem jede einzelne Zahlung jedes einzelnen Teilnehmers verzeichnet wird, so dass darin alle Transaktionen enthalten sind, die jemals ausgeführt wurden.
Wären Bitcoins Banknoten, dann wäre die ‹Blockchain› das Spezialpapier mitsamt allen Sicherheitsvorkehrungen, die ein Fälschen verhindern sollen. Nur hören da die Ähnlichkeiten auch schon auf, denn die ‹Blockchain› ist etwas komplizierter als Papier. Die Technologie hat das Zeug, Banken und Clearinghäuser überflüssig zu machen. Weil etwa bei internationalen Überweisungen die Gebühren wegfallen, die die heutigen Finanzintermediäre einstreichen, lässt sich mit dem ‹Blockchain›-Verfahren eine Menge Geld einsparen. Und während eine normale Überweisung von der Schweiz in die USA durchaus mehrere Tage in Anspruch nehmen kann, ist eine ‹Blockchain›-basierte Transaktion so flink wie eine E-Mail.
Heute liegen Bankdaten auf Serversystemen, die von einem ganzen Arsenal von Sicherheitsmassnahmen und Firewalls vor unbefugten Zugriffen geschützt werden. Das kostet eine Menge Geld: Eine Studie der spanischen Bank Santander kommt zum Schluss, dass die Branche dank ‹Blockchain› ab dem Jahr 2022 jährlich zwischen 15 und 20 Milliarden Franken einsparen könnte. Schafft es nun ein Gauner trotz allem, den traditionellen Datenpanzer zu knacken, kann er die auf dem Server gelagerten Daten verändern – und sich selbst als Eigentümer von Werten eintragen, die ihm nicht gehören. Die ‹Blockchain›-Datenbank dagegen ist nicht auf einem einzelnen Server gespeichert, sondern vielmehr lokal auf den Abertausenden von Nutzercomputern, die permanent über das Web synchronisiert werden. Die auf jedem einzelnen dieser Computer gespeicherte ‹Blockchain› ist eine exakte Kopie aller anderen. Schafft es ein Räuber, in einen dieser privaten Computer einzudringen, um die Daten zu verändern, wird dies dank der mathematischen Sicherheitsfunktionen sofort erkannt. Durch erneutes Abgleichen werden die manipulierten Datenblöcke sang- und klanglos wieder ersetzt.
Öffentlichkeit, Dezentralität und ausgeklügelte Mathematik: Die elektronische Urkunde namens ‹Blockchain› gilt als enorm sicher. Die Wahrscheinlichkeit eines Versagens, so rechnen Fachleute vor, ist bei weitem geringer als jene eines Zusammenbruchs von Banken oder Grundbuchämtern, auf die wir uns heute verlassen, wenn es um unser Hab und Gut geht. Von der Muschel zur Münze, von der Banknote zur ‹Blockchain›: Das Geld, mit dem wir in Zukunft bezahlen werden, ist nur noch eine Folge von Nullen und Einsen.