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Die 20-Räppler des Falschmünzers Farinet

Geld zu fälschen ist ein riskantes Geschäft. Einer, der es mit grossem Geschick betrieb, war der Falschmünzer Joseph-Samuel Farinet. Seinen Erfolg bezahlte er mit dem Leben.

Der Weg des Geldfälschers ist steinig. Da sind zum einen die Notenbanken, die ihre Münzen und Banknoten mit schwer zu kopierenden Sicherheitsmerkmalen ausstatten, und da sind zum anderen die Gesetzeshüter, die für Falschmünzer allerlei Strafen parat haben.

Einer, der diesen Weg dennoch unverdrossen und mit beträchtlichem Geschick gegangen ist, war der 1845 im italienischen Saint-Rhémy-en-Bosses (Aostatal) geborene Bauernsohn Joseph-Samuel Farinet. Zusammen mit seinen Gehilfen fälschte Farinet nicht Banknoten, wie dies heute die meisten seiner Berufskollegen tun, sondern vielmehr 20-Rappen-Stücke. Und das aus gutem Grund: Zum einen waren in den 1870er-Jahren 20 Rappen gutes Geld, und zum anderen genossen die Münzen das Vertrauen der Walliser Händler und Bauern, ganz anders als das Papiergeld der wegen Fehlspekulationen in Schieflage geratenen Walliser Kantonalbank.

Zwischen 1869 und 1880 brachte Farinet so viele 20-Räppler in Umlauf, dass am Ende ein geschätztes Drittel aller im Umlauf befindlichen Münzen sogenannte ‹Farinets› gewesen sein sollen. Von der schieren Menge an Falschgeld alarmiert, griff schliesslich der Bundesrat ein und verlangte von der Walliser Kantonsregierung ultimativ die Festnahme des dreisten Falschmünzers. Über zehn Jahre lang befand sich der steckbrieflich gesuchte Farinet auf der Flucht, mal diesseits, mal jenseits der Grenze zu Italien. Dass er sich in der Öffentlichkeit dennoch relativ unbehelligt bewegen konnte und oft in Dorfbeizen anzutreffen war, wurde ihm schliesslich zum Verhängnis. Von Gendarmen in einer Schlucht beim Mittelwalliser Dorf Saillon in die Enge getrieben, fand Farinet am 17. April 1880 den Tod. Ob Unfall oder kaltblütiger Mord – die Umstände seines Todes wurden nie geklärt: Ausgerutscht und in die Tiefe gestürzt, behauptete die Polizei; von einem Schuss aus einer Dienstwaffe in den Kopf getroffen, erzählten sich die Dörfler.

Der ungeklärte Tod liess Farinet zum Mythos werden: In seinem Roman Farinet ou la fausse monnaie hat der Schweizer Schriftsteller Charles-Ferdinand Ramuz dem Falschmünzer ein Denkmal gesetzt als romantischem Anarchisten und Freiheitshelden, als einer Art Robin Hood der Alpen. Die Wahrheit ­allerdings ist wesentlich prosaischer: Das Leben des Joseph-­Samuel Farinet war eine einzige Flucht, eine Flucht vor dem Elend und vor dem Gesetz.