Das Portemonnaie tragen wir jederzeit bei uns. Das ist seit uralten Zeiten so: Der älteste Geldbeutel der Geschichte gehörte einem Steinzeitjäger namens Ötzi.
Der Pfeil kam aus dem Nichts. Der entkräftete Mann, der sich verletzt ins Ötztaler Hochgebirge geschleppt hatte, spürte einen schweren Schlag in den Rücken, dann einen bohrenden Schmerz. Ötzi, wie der Steinzeitjäger heute genannt wird, verblutete innert Minuten. Der Angreifer liess sein Opfer liegen. Kleidung, Waffen, Ausrüstung – alles blieb unberührt. So kommt es, dass neben Ötzi auch sein zwei Meter langer Kalbsledergürtel erhalten geblieben ist, den er zweimal um den Leib geschlungen und verknotet hatte und dessen schmale Innentasche die kostbaren Feuersteinklingen verbarg. Dieses älteste Portemonnaie der Geschichte ist 5300 Jahre alt.
Ob Feuerstein, Tierzähne, Muschel-, Münz- oder Papiergeld: Seit der Steinzeit tragen wir unseren Geldbeutel jederzeit bei uns. Doch wie wir das tun, gab zu allen Zeiten Auskunft über Geldwirtschaft und -kultur. Bei den alten Ägyptern und Römern, als Banken noch Tempel waren und man sein Geld im Boden vergrub, pflegte man grössere Summen, falls nötig, in Lederbeuteln am Gürtel mit sich zu tragen. Das war durchaus ein Risiko: Erfolgreiche Trickdiebe lenkten den Besitzer ab, um mit scharfer Klinge blitzschnell den Beutel abzuschneiden oder aufzuschlitzen.
Diese ‹Beutelschneider›, von deren kriminellem Geschick das Wort noch heute zeugt, brachten angelsächsische Adlige auf den Gedanken, ihre Geldbeutel in schützenden, reich verzierten Metallhülsen bei sich zu tragen. In Sutton Hoo nahe der Stadt Woodbridge, Suffolk, fand 1939 der britische Archäologe Basil Brown das Bootsgrab eines Fürsten. Dieser war, wie es sich für einen mächtigen Mann geziemte, in einem 4,5 Meter breiten und 27 Meter langen Ruderschiff bestattet worden. Unter den Schätzen, die man dem Toten auf seine letzte Reise mitgegeben hatte, befand sich der mit Gold, Granat und Glas reich verzierte Beschlag einer Geldtasche. Der Deckel aus Walknochen und der innere Lederbeutel waren ebenso zu Staub zerfallen wie ihr königlicher Besitzer, doch der Schatz, 40 Goldmünzen und zwei kleine Goldbarren aus der Zeit um 620 n. Chr., lag unversehrt unter der schützenden Klappe.
Die Kreuzritter des Mittelalters pflegten ihr Geld in den Saum ihrer Gewänder einzunähen oder wie weiland Ötzi in Geldgürteln um den Leib zu tragen. Händler dagegen trugen ihre Münzen in der ‹Geldkatze›, einem Lederschlauch, den man so über den Gürtel faltete, dass er in Form zweier Säckchen herunterhing. Mit dem Aufkommen der Banken im 15. Jahrhundert dagegen entfiel nach und nach die Notwendigkeit, viel Geld mit sich zu führen, und die ‹Geldsäckel› (Diminutiv von ‹Geldsack›) wurden kleiner und verschwanden in den Taschen. Das moderne Portemonnaie schliesslich kam mit der Einführung des Papiergeldes in Mode. In Europa verfügt es noch immer über ein Münzfach, wogegen die an einer Kette getragene trucker wallet in den USA ungefaltete Geldscheine aufnimmt. Ob trucker wallet oder Geldklammer aus Metall: Das Kleingeld tragen echte Kerle lose in der Tasche.
Und dann gibt es noch das Portemonnaie, das gar keines ist: Was ein echter Ganove ist, stopft seine Geldscheine in einen Aktenkoffer. Oder er rollt sie, mafia style wie Marlon Brando als Darsteller des Don Vito Corleone, zusammen. Mit einem einfachen Gummiband drum.