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Niemals runde Zahlen

Der Sportwagen war immer schon Ihr Traum. Nur der Preis ist zu hoch. Was tun? Was Händler immer schon getan haben: Feilschen. Aber richtig.

Wie erfolgreiche Geschäftsleute vorgehen, wenn sie einen Preis aushandeln – einer Liegenschaft, einer Firma, eines Gebrauchtwagens –, haben die Forscher Petri Hukkanen und Matti Keloharju untersucht. Ihr Fazit: Bieten Sie niemals einen runden Betrag wie 1 Million Euro, 20 Dollar pro Aktie oder 30 000 Franken. «Es zeigt sich, dass Ihr Partner eher bereit ist, einzuschlagen oder einen niedrigeren Preis zu akzeptieren, wenn Sie ein präzises Angebot machen – wenn Sie dazu noch Barzahlung anbieten, ganz besonders», erklärt Keloharju, Gastprofessor an der Harvard Business School. Seine Untersuchung stützt sich auf frühere sozial­psychologische Studien, die belegen, dass ungerade Gebote erfolgreicher sind. Denn: Ein Geschäftspartner, mit präzisen Zahlen konfrontiert, wird annehmen, dass Ihr Angebot auf Sachkenntnis und Berechnung beruht. Bieten Sie dagegen einen runden Betrag, wird man Ihnen unterstellen, vom Geschäft bloss eine vage Ahnung zu haben, und annehmen, dass Sie bei harten Verhandlungen rasch in die Knie gehen.

Eine Studie aus dem Jahr 2013 zum Beispiel hatte das Verhalten von Teilnehmern der amerikanischen Fernsehshow The Price Is Right untersucht. Die Spieler hatten die Aufgabe, den Marktpreis dreier Produkte zu erraten. Bevor sie rieten, erhielten sie Zuschauervorschläge, wie viel der jeweilige Artikel wert sein mochte. Vor die Wahl gestellt, welcher dieser Vorschläge am vertrauenswürdigsten erschien, entschieden sich die Spieler selten oder nie für Beträge mit einer Null am Schluss. Ausserdem fanden die Forscher heraus: Genaue Zahlen machen klar, dass es Ihnen ernst ist. Die Probe aufs Exempel ist ganz einfach: Vereinbaren Sie einen Termin «in zwei Wochen», wird Ihr Partner die Stirn runzeln; «8. Juni, 14.30 Uhr» dagegen markiert Entschlossenheit. Untersuchungen des Liegenschaftsmarkts zeigten dasselbe: Ungerade Preisangaben signalisieren, dass der Verkäufer genaue Berechnungen angestellt hat und sich kaum über den Tisch ziehen lässt.

Hukkanen und Keloharju nahmen nun Fusionen und Firmenübernahmen unter die Lupe. Der Grund: Markt- und Finanz­daten börsenkotierter Unternehmen sind einfach verfügbar, und die Deals sind potenziell von grosser ökonomischer Tragweite. Die Forscher trugen die Erstgebote von rund 2000 US-Firmenübernahmen der Jahre 1985 bis 2012 zusammen. Bei jedem dieser Deals sahen sie sich den anfänglich gebotenen Preis pro Aktie an in der Annahme, dass runde Beträge in der Minderheit sein würden.

Es zeigte sich: Investmentbanker sind keine Sozialpsychologen. 47 Prozent der Einstiegsgebote, also fast die Hälfte, endeten mit einer Doppelnull nach dem Komma. Hukkanen und Keloharju konnten nachweisen, dass auf fünf Dollar gerundete Erstgebote nur in 18 Prozent der Fälle auf Anhieb zum Abschluss führten. Genaue Preise dagegen – Erstgebote, die sich auch durch 25 Cents nicht teilen liessen – waren erfolgreicher. Bei ­ihnen stieg der Endpreis im Lauf der Verhandlungen im Durchschnitt lediglich noch um 6 Prozent. Die Reaktion des Marktes zeigte dasselbe Bild: Bei Bekanntwerden ungerader Angebote pro Aktie fiel die Bewertung ungleich viel positiver aus.

Gehen Sie beim nächsten Autokauf also entschlossen ins Büro des Gebrauchtwagenhändlers und legen Sie für Ihren Traumwagen nicht 30 000, sondern 25 730 Franken auf den Tisch. Er wird mit grosser Wahrscheinlichkeit einschlagen, und Sie haben 4270 Franken gespart.