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Geht es dem Bargeld an den Kragen?

Mit der Erfindung des Geldes nahm die moderne Wirtschaft ihren Anfang. Heute überlegen sich erste Länder, ob das Barzahlen abgeschafft werden soll. Dafür gäbe es durchaus Gründe.

Bargeld ist teuer. Entwicklung, Papier und Druck einer Schweizer Banknote scheinen zwar mit rund 40 Rappen pro Stück recht günstig. Doch sind in der Schweiz zurzeit mehr als 400 Millionen Banknoten im Umlauf. Dazu hält Notengeld im Durchschnitt nur drei Jahre lang und muss dann gegen frisches aus­getauscht werden. Münzgeld ist in Herstellung und Handling noch teurer. Das zeigt sich auch in der Erfolgsrechnung der Nationalbank: Rund die Hälfte aller Kosten entfällt auf die Bargeldversorgung. Was Wunder, dass in den Zeiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs immer mehr Länder über die gänzliche Abschaffung von Bargeld nachdenken.

Den Anfang machte Wirtschaftsprominenz wie der Citigroup-Chefökonom Willem Buiter oder der Harvard-Professor Kenneth Rogoff. In einem vielbeachteten Aufsatz stellt Rogoff dar, dass vor allem zwei Umstände gegen das Bargeld sprechen.

Seine blosse Existenz erschwert – erstens – die Negativzinspolitik der Nationalbanken. Eine Banknote ist per se eine Nullzinsanlage, und Banken müssen jederzeit bereit sein, mit Negativzinsen (im Klartext: mit einer Gebühr) belastete Kontobeträge auszuzahlen. Negativzinsen von mehr als einem Viertel- oder Halbprozent einzuführen wird schwierig, wenn sich das Horten von Papiergeld auf einmal wieder lohnt. Unter der Matratze behält das Geld seinen Wert, auf dem Konto dagegen nicht. Es gehört – zweitens – zu den wesentlichen Eigenschaften des Bargelds, dass der Verkäufer nichts über seine Herkunft zu wissen braucht. Bargeld, über oder unter dem Tresen durchgeschoben, verleiht Anonymität. Damit ist es dazu angetan, die Trans­aktion vor Regierung und Behörden zu verschleiern. Nicht von ungefähr weiss der Untergrund Bargeld ganz besonders zu schätzen.

Diese zwei Eigenschaften – Nullzins und Anonymität –, dazu das Überhandnehmen der bargeldlosen Transaktionen und das Aufkommen von Kryptowährungen, so folgert Rogoff in seinem Artikel, legen den schrittweisen Verzicht auf Bargeld nahe, als Erstes der grossen Noten, später allenfalls auch der kleineren Notenwerte und des Münzgelds. Selbst wenn diese Position alles andere als unwidersprochen bleibt: Eine Reihe von Ländern haben bereits Barzahlungslimiten eingeführt, und als erstes Land der Welt ist Schweden dabei, das Zahlen mit Cash gänzlich abzuschaffen.