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Die ungekrönte Königin der Geldscheine

Der Käufer zahlt die 10-Millionen-Villa in bar. Das lässt zwei Schlüsse zu – erstens: Er hat Dreck am Stecken. Und zweitens: In seinem Aktenkoffer liegen Schweizer 1000-Franken-Noten.

Pecunia non olet, «Geld stinkt nicht»: Dieses auf den römischen Kaiser Vespasian und seine im 1. Jahrhundert n. Chr. erhobene Toilettensteuer zurückgehende Zitat besagt, dass man Bargeld nicht ansehen kann, aus welcher Quelle es stammt. Dass anonym bleiben kann, wer bar bezahlt, ruft Kritiker auf den Plan, deren Vorschläge bis hin zur gänzlichen Abschaffung des Bargelds reichen. Tatsächlich schätzen prominente Ökonomen wie der Harvard-Professor Kenneth Rogoff, dass weltweit über die Hälfte allen Geldes im Untergrund verschoben wird.

Bargeld in grossen Noten kommt Kriminellen ganz besonders entgegen – je grösser der Notenwert, desto besser. Gauners Liebling ist die Schweizer 1000-Franken-Note: Kein anderer Geldschein der westlichen Welt ist so viel wert wie die grösste Banknote der Schweiz; übertroffen wird sie nur von der 10 000-Dollar-Note des Sultanats Brunei und der (seit 2014 nicht mehr ausgegebenen) 10 000-Dollar-Note von Singapur. Der Schweizer Tausend-Franken-Schein ist entsprechend beliebt – nicht nur bei Kriminellen, sondern auch bei ganz normalen Sparern: Mehr als 60 Prozent des gesamten Notenumlaufs der Schweiz besteht aus Tausendern, was laut Schweizerischer Na­tionalbank darauf hindeutet, dass diese ihres hohen Werts wegen nicht nur in Brieftaschen, sondern auch in Tresoren gelagert werden.

Wer viel Geld auf kleinem Raum unterbringen will, ist mit der Schweizer Tausendernote gut bedient. Der britische Economist rechnet vor, dass ein Gangster damit die Summe von 10 Millio­nen Dollar in einer weniger als zwölf Kilogramm schweren Akten­tasche bei sich tragen kann. In 500-Euro-Scheinen bräuchte er dazu bereits zwei Geldkoffer, die beide mehr als 10 Kilogramm wiegen; in 100-Dollar-Scheinen, der grössten aktuellen Banknote der USA, müsste er gar die Hilfe zweier Träger in Anspruch nehmen, um die acht Koffer mit insgesamt 100 Kilogramm ­Papiergeld zu schleppen.

Sind grosse Banknoten also vor allem für die Mafia da? Genaue Zahlen fehlen, doch ein britischer Polizeibericht über organisierte Kriminalität aus dem Jahr 2010 schätzt, dass neun von zehn aller im Umlauf befindlichen 500-Euro-Scheine, der Banknote mit dem zweithöchsten Realwert der Welt, für illegale Zahlungen genutzt werden. Die Europäische Zentralbank will die grösste Euro-Note daher gänzlich abschaffen. Dies würde der Schweizer Tausendernote weiteren Zulauf bescheren: Ein Verzicht auf die 1000-Franken-Note, die ungekrönte Königin der Geldscheine dieser Welt, ist für die Schweizerische Nationalbank zurzeit kein Thema.